Wenn wir an Minimalismus denken, tauchen oft Bilder von aufgeräumten Räumen, klaren Linien und einem bewussten „Weniger“ vor unserem inneren Auge auf. Doch selten verbinden wir diese Haltung mit einer Person. Dieter Rams, einer der prägendsten Designer des 20. Jahrhunderts, hat Minimalismus nicht nur gestaltet – er hat ihn gelebt, gedacht und in Form gegossen. Seine Haltung kann uns inspirieren, unseren Alltag bewusster und leichter zu gestalten.
Wer war Dieter Rams – und warum berührt er uns heute noch?
Dieter Rams, geboren 1932 in Wiesbaden, war über Jahrzehnte Chefdesigner bei Braun sowie prägend für die Möbelmarke Vitsoe. Seine Entwürfe sind pur, funktional und zeitlos. Viele seiner Geräte – Radios, Plattenspieler, Uhren oder Lautsprecher – wirken auch 50 Jahre später erstaunlich modern. Sie altern nicht. Sie werden leiser – aber nicht bedeutungslos.
Warum das so ist?
Weil Rams nicht einfach Produkte entwickelte. Er entwickelte eine Haltung.
Sein Credo:
„Weniger, aber besser.“
Es ist ein Satz, der in seiner Schlichtheit fast überhört werden kann – und dennoch eine enorme Sprengkraft besitzt. Er lädt uns ein, unser eigenes Leben zu betrachten: Wo kann weniger tatsächlich mehr sein? Wo können wir Ballast abwerfen und Raum für das Wesentliche schaffen?
10 Thesen für gutes Design – und für ein gutes Leben
Rams formulierte seine weltberühmten „10 Thesen für gutes Design“, die bis heute Designer weltweit prägen. Doch liest man sie mit einem minimalistisch denkenden Herzen, passiert etwas Spannendes: Sie werden zu Lebensprinzipien.
Einige Beispiele:
1. Gutes Design ist innovativ.
Innovation entsteht nicht durch „mehr“, sondern durch ein mutiges Hinterfragen. Auch wir können uns fragen: Was in meinem Alltag ist nur Gewohnheit – und was dient mir wirklich?
2. Gutes Design macht ein Produkt verständlich.
Wie wäre es, wenn auch unser Leben „verständlicher“ wird? Weniger komplizierte Abläufe, weniger übervolle Kalender, weniger Chaos in Schubladen und im Kopf.
3. Gutes Design ist ehrlich.
Minimalismus bedeutet Ehrlichkeit: zu uns selbst, zu unseren Bedürfnissen, zu unserem Tempo.
4. Gutes Design ist langlebig.
Rams spricht hier über Produkte – aber wir dürfen diese Perspektive weiten:
Welche Entscheidungen halten lange?
Welche Dinge begleiten uns wirklich?
Was verdient einen festen Platz in unserem Leben?
5. Gutes Design ist so wenig Design wie möglich.
Und vielleicht ist das die Essenz:
Weglassen, um freizulegen.
Reduzieren, um zu erkennen.
Verzichten, um Platz zu schaffen.
Warum uns Dieter Rams heute besonders inspirieren kann
Wir leben in einer Welt, die uns immer mehr anbietet. Mehr Auswahl. Mehr Funktionen. Mehr Ablenkung. Rams stellt diesem „Immer mehr“ eine wohltuende Frage entgegen:
„Brauchen wir das wirklich?“
Seine Produkte verzichten konsequent auf das Unwesentliche – und werden dadurch zu zeitlosen Begleitern. Was wäre, wenn auch wir diese Frage in unser Zuhause, in unseren Alltag, in unsere Entscheidungsprozesse einladen?
Vielleicht entsteht dann ein Leben, das nicht nur leichter, sondern auch klarer wird. Ein Leben, in dem wir uns wieder spüren, statt uns in Dingen oder Aufgaben zu verlieren.
Ein Impuls für deinen Alltag
Schau dich heute einmal in deinem Wohn- oder Arbeitsbereich um. Wähle einen Gegenstand aus und frage dich:
- Welche Aufgabe erfüllt er?
- Tut er mir gut – oder füllt er nur Fläche?
- Würde ich ihn wieder kaufen?
- Bringt er Ruhe – oder Unruhe?
Wenn du magst, lass dich von Rams’ Haltung leiten. Nicht im Sinne strenger Regeln, sondern als Einladung:
„Weniger, aber besser.“
Für dein Zuhause.
Für deinen Geist.
Für deine Tage.